Sinti und Roma – Lebenswirklichkeiten in Geschichte, Gesellschaft und Politik: Der Auftakt
Wir freuen uns sehr über die gelungene gestrige Ausstellungseröffnung „Auf dem Dienstwege“ und die Auftaktveranstaltung der Reihe „Sinti und Roma – Lebenswirklichkeiten in Geschichte, Gesellschaft und Politik“, ein Projekt der derzeitigen FSJlerin Gloria Pfister, mit dem Titel „Das Leben der Sinti und Roma im Nationalsozialismus und danach“. Gjulner Sejdi, Vorsitzender des Vereins Romano Sumnal und Jana Müller vom AJZ Dessau referierten über die Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland mit dem Fokus auf ihr Leben von 1933 bis 1945 und später.
Sowohl bei der Eröffnung der Ausstellung als auch beim Vortrag waren viele interessierte Besucher*innen anwesend.
Zur Ausstellungseröffnung 18.00 Uhr von „Auf dem Dienstwege“ – Dokumente zur Erfassung, Ausgrenzung und Deportation Leipziger Sinti und Roma im Nationalsozialismus, die nun bis zum 12. Juni im Erich-Zeigner-Haus hängen wird, sprachen Henry Lewkowitz und Gloria Pfister über die Arbeit des Vereins und über die Reihe „Sinti und Roma – Lebenswirklichkeiten in Geschichte, Gesellschaft und Politik“. Die Intention von Gloria Pfister, Roma und Sinti ein Stück weit sichtbarer zu machen und auf den Porajmos, den Völkermord an den Sinti und Roma, aufmerksam zu machen, wurde in dem Redebeitrag deutlich. Gjulner Sejdi erklärte zuletzt den Inhalt und das Ziel der Ausstellung und machte damit den Anwesenden klar, war hinter dem Titel „Auf dem Dienstwege…“ steckt.
19.00 Uhr fanden begann im Anschluss die Vortragsveranstaltung.
Gjulner Sejdi gab in seinem Vortrag eine Einführung in grundlegende Begriffe und Zusammenhänge. Er erklärte unter anderem, wer Sinti und Roma sind, wodurch sich ihre Fahne und Sprache auszeichnet sowie wann und aus welchen Ländern sie sich aus Deutschland angesiedelt haben. Damit konnte er ein gutes Fundament schaffen, um später auf die Geschichte im Nationalsozialismus einzugehen. Kurz stellte er die Entrechtungen und Verfolgungen der Sinti und Roma im Nationalsozialismus und danach dar.
Der Kurzfilm „Was mit Unku geschah“, ein Ergebnis aus einem Jugendprojekt des Alternativen Jugendzentrums Dessau unter Projektleitung von Jana Müller, zeigt die akribischen Archivrecherchen der Jugendlichen. Anlass dieses Projektes war, dass die Jugendgruppe darauf gestoßen war, dass Erna Lauenburger, Unku, zeitweise in Dessau-Roßlau lebte. Unku ist die Titelheldin des Romanes „Ede und Unku“ von Alex Wedding, ein sehr bekanntes Kinderbuch und Pflichtlektüre in der DDR. Im Film wurde auch das Schicksal der Familie Lauenburger im Nationalsozialismus deutlich und Zeitzeug*innenbefragungen gezeigt. Somit wurden den Zuschauer*innen auch auf einer emotionalen Ebene die Ausmaße des Porajmos deutlich.
Jana Müller setzte zuletzt an diesem Punkt an und schilderte weitere Verfolgungswege mitteldeutscher Sinti und Roma im NS und in der DDR.
Gloria Pfister, die die Veranstaltung organisierte und moderierte, machte mehrmals auf die Wichtigkeit der Aufarbeitung dieser Geschichte aufmerksam, vor allem, da diese Thematik in der Mehrheitsgesellschaft noch viel zu unbekannt sei. Auch die beiden Referierenden stimmten dem zu und konnten dazu anregen, sich selbst auch mit Themen, die Sinti und Roma betreffen, auseinanderzusetzen, besonders mit ihrem Leben im Nationalsozialismus. Gleichzeitig plädoyierte Gjulner Sejdi dafür, Roma gleichwertig als deutsche Staatsbürger*innen zu sehen; aber gleichzeitig anzuerkennen, dass sie im Nationalsozialismus rassistisch verfolgt wurden.
Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle den beiden Referierenden Jana Müller und Gjulner Sejdi, die sehr gefasst über dieses bewegende und komplexe Thema sprachen. Außerdem danken wir den Kooperationspartnern der Reihe, dem AJZ Dessau, Romano Sumnal, Roma-Verein Sachsen und dem VVN-BdA Leipzig e. V. sowie der Stadt Leipzig für die Unterstützung.
Wir laden dazu ein, die Ausstellung „Auf dem Dienstwege…“, die bis zum 12. Juni jeden Mittwoch von 15 bis 18 Uhr zu sehen ist, zu besuchen.