7 Stolpersteine für Familie Blonski

Das Schicksal der Familie Blonski aus Leipzig/Großzschocher recherchierte eine SchülerInnengruppe aus der 56. Oberschule, in deren Schularchiv über die jüngste Tochter der Blonskis Dokumente vorhanden waren – hierbei recherchierten so ProjektteilnehmerInnen das Schicksal von ehemaligen SchülerInnen.

Der Familienvater uns spätere Fabrikarbeiter Aaron Samuel Blonski wurde am 20. Juni 1885 in Kamionna geboren. Chaje Helene Schleichkorn wurde etwa ein Jahr früher am 05. März 1884 im Nachbarort Beldno (Westgalizien), dem heutigen Südpolen geboren und war von Beruf ebenfalls Arbeiterin. Als sie 1913 gemeinsam nach Leipzig zogen, wo sie vorübergehend bei Verwandten in der Naumburger Straße (Leipzig-Plagwitz) wohnten, hatte Chaje Helene Schleichkorn bereits ein Kind aus erster Ehe. Am 5. Oktober desselben Jahres heiratete sie in Borenbach Aaron Samuel Blonski, nachdem das erste gemeinsame Kind Moritz Blonski am 12. Januar 1913 zur Welt kam. Mit der zunehmenden Familiengröße entschied sich die Familie Blonski in eine größere Wohnung in der Triftstraße 13, der heutigen Breitschuhstraße 13, umzuziehen.

Bis 1922 bekam Chaje Helene Blonski drei weitere Kinder. Der am 26. November 1915 geborene Adolf Blonski verstarb aus ungekläreten Ursachen im Säuglingsalter. Der uneheliche Sohn, Simon Schleichkorn, welcher am 12. Januar 1912 in Kierlikowka geboren worden ist, wurde von Aaron Samuel Blonski mit aufgezogen und 1934 rechtsgültig adoptiert, woraufhin er fortan den Namen Blonski annahm. Der am 9. März 1917 zur Welt gekommene Helmut Blonski arbeite wie seine Eltern in einer Leipziger Fabrik. Das jüngste Kind, die am 19. Juli 1922 geborene Netti Blonski, besuchte die damalige Volksschule in Leipzig-Großzschocher, der heutigen 56. Oberschule. Anfangs war sie ein gleichberechtigtes Mitglied der Klassengemeinschaft, bis die zunehmende Diskriminierung und soziale Ausgrenzung der Juden auch sie betraf. Vom Geschichts-, Sport- und Religionsunterricht wurde sie ausgeschlossen. In anderen Unterrichtsfächern wurde sie alleine auf eine Schulbank am Ende des Klassenraums gesetzt. Simon Blonski verließ im Jahre 1936 Leipzig und zog nach Eisenach in Thüringen. Die anderen fünf Mitglieder der Familie Blonski wurden am 21. Februar 1939 nach Tarnów in Polen deportiert, wo bis zu Kriegsbeginn etwa 25000 Jüdinnen und Juden lebten. Die von Tarnów ausgehenden über 30.000 Deportationen vom Juni 1942 in das Vernichtungslager Belzec sowie in die Konzentrationslager Auschwitz und Plaszow forderten eine hohe Todesrate von den Menschen, die zunächst zunächst nach Tarnów kamen. Dort verliert sich die Spur der Familie Blonski.

Simon Blonski wurde am 25. Februar 1945 zunächst in das von Beginn an als zur Ausbeutung von Zwangsarbeitern konzipierte und daher nie von der SS geheimgehaltene Konzentrationslager Flossenbürg an der Grenze zur Tschechoslowakei, im damaligen Sudentenland, deportiert. Simon Blonski wurde in Flossenbürg in ein von 1938-`45 insgesamt 100.000 Gefangene fassendes Konzentrationslager neuen Typs interniert, da dieses unter anderem der Tatsache Rechnung trug, dass die SS zeitgleich mit dessen Gründung erstmals eigene wirtschaftliche Ziele verfolgte. Am 14. März 1945 wurde er dann in das Buchenwalder Außenlager Ohrdruf (S III), einem südlich von Gotha gelegenen und kanpp 12.000 Gefangene fassenden Zwangsarbeiterlager überstellt. In Buchenwald wurde er am 26. März 1945 mit der Häftlingsnummer 137087 als jüdischer polnischer Häftling registriert. Dies ist sein letzter bekannter Aufenthaltsort und weitere Informationen zu seinem Schicksal liegen nicht vor.

Sicher ist allerdings, dass nach der Räumung des Außenlagers Ohrdruf Anfang April 1945 ein Teil der Häftlinge erschossen und der andere Teil auf einen Fußmarsch in das Hauptlager nach Buchenwald unregistriert geschickt wurde. Am 7. April 1945 begann die Evakuierung des Stammlagers Buchenwald und die überlebenden Häftlinge aus Ohrdruf mussten den Todesmarsch nach Süden, z.B. in das Konzentrationslager Dachau, fortsetzen. Viele starben dabei an Hunger und Entkräftung oder wurden von den Wachmannschaften erschossen.

Die Stolpersteine für die einzelnen Mitglieder der Familie Blonski befinden sich im Gehweg vor dem Wohnhaus in der Breitschuhstraße 13 und wurden am 1. Oktober 2015 verlegt.