Eine Gedenktafel für den

Der „Stille Held“ Theodor Kranz

Theodor Ernst Alwin Kranz wurde am 20. Februar 1897 in Dingelstedt als Sohn eines Tischlers geboren. Von 1903 bis 1911 besuchte er die Volksschule in Leipzig. Im Anschluss begann er eine Lehre zum Tischler, die er jedoch nach anderthalb Jahren beendete, um sich am 14. September 1914 in Döbeln freiwillig zum Kriegsdienst zu melden. Im Februar 1919 wurde er aus dem Dienst des Soldaten entlassen. Obwohl er seine Lehre frühzeitig abgebrochen hatte, arbeitete er nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst zeitweise als Betriebstischler und –heizer. Ferner fand er Anstellung als Wächter in Lungenheilstätten sowie als Fahrstuhlführer. Vor 1933 war Theodor Kranz Mitglied der SPD und der USPD. Er selbst war evangelischen Glaubens und heiratete im Jahr 1934 die Jüdin Beate Adler, die ihre Tochter – Leonie Adler – aus erster Ehe mitbrachte.

In den darauffolgenden neun Jahren war die Familie wachsenden Anfeindungen und Schikanen durch ihr Umfeld, Vorgesetzte und Behörden ausgesetzt, aufgrund des jüdischen Glaubens seiner Frau sowie der politischen Gesinnung von Theodor Kranz.

Am 13. September 1943 wurde seine Frau Beate auf ein anonymes Anliegen hin als „Rassenverfolgte“ von der Gestapo verhaftet. Von da an saß sie bis 14. November 1943 in Untersuchungshaft, bis sie schließlich nach Auschwitz ins Konzentrationslager deportiert wurde. Dort kam sie am 03. Januar 1944 infolge eines Mordes von Staatswegen ums Leben. Laut der Sterbeurkunde starb sie an Herzmuskelkrämpfen bzw. –schwäche – eine Begründung, die alleine aufgrund ihres vorherigen außerordentlich gesunden Zustandes, unglaubwürdig ist. Um zu verhindern, dass der ebenfalls jüdischen Tochter seiner Ehefrau, Leonie Frankenstein (geb. Adler), sowie ihrem Ehemann und deren beiden Kindern nicht das gleiche Schicksal widerfahren würde, bemühte sich Theodor Kranz drei Jahre lang trotz großer Schwierigkeiten darum, die Familie Frankenstein vor den Zugriffen der Gestapo zu bewahren – mit Erfolg. Von 1944 bis 1945 lebte er in Leipzig in einem sogenannten „Judenhaus“ in der Humboldtstraße 10. Aus dieser Zeit berichtete eine seiner ehemaligen Nachbarinnen, dass er sich auch für die evangelischen Frauen jüdischer Männer einsetzte. Am 6. November trat Theodor Kranz der KPD und 1946 der SED bei. Er war außerdem Mitglied der FDBG und der DSF, wo er als Vertrauensmann eingesetzt worden war. Seit dem 25. Juli 1947 war er als Hilfs-Rohrschmied im RAW Leipzig angestellt. Man bezeichnete ihn als strebsamen und guten Arbeiter. Aus diesem Grund wurde er „auf Grund besserer Arbeitsorganisation und Normenerhöhung innerhalb der Kolonne“ am 13. Oktober 1949 als Aktivist ausgezeichnet.

Am 25. August 1950 wurde Kranz krank und eine weitere Beförderung im Betrieb lehnte er ab. Anfang der 1950er Jahre heiratete er erneut, bevor er am 17. Juni 1953 aus Leipzig fliehen musste. Als seine berufliche Karriere sich dem Ende zuneigte ließ er sich in Übach-Palenberg (nahe der holländischen Grenze) nieder. Dort war er als Autodidakt tätig, schrieb Gedichte und zeichnete viel. Er verstarb am 31. August 1980. Im Jahr 2013 wurde er „von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt“. Die Gemeinde Übach-Palenberg legte außerdem ein Ehrengrab für ihn an.

Gedenktafel-Einweihung am 19. April 2021

Dem bereits 2013 posthum von der Israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrten Kranz konnte nun am 19.04.2021 durch eine Gedenktafel an der Fassade des Hauses, in dem er zuletzt (nach der Ausbombung seines Wohnhauses in der Dresdner Straße 14) in Leipzig gelebt hatte, gedacht werden. Die Gedenktafel soll fortan an seinen selbstlosen Einsatz für die jüdische Familie erinnern, ihn als „Stillen Helden“ ehren.

An der Gedenktafeleinweihung an der Zschocherschen Straße 86 nahmen nicht nur Schülerinnen der Projektgruppe, sondern auch Interessierte und Familienangehörige teil. Der Schkeuditzer Bürgermeister Rayk Bergner reiste ebenfalls an und betonte in seinem Redebeitrag die Bedeutung der erinnerungskulturellen Projekte und der gelebten Zivilcourage, für die Theodor Kranz als Vorbild gesehen werden kann. Besonders bewegend war eine Audioaufnahme, über die sich der Sohn der Leonie Frankenstein – der in Stockholm lebende Walter Frankenstein – mit persönlichen Worten an die Veranstaltungsteilnehmenden richtete. Aber auch für den Redebeitrag der Großnichte Karola Mehlhorn, die zusammen mit ihrem Cousin angereist war, sind wir sehr dankbar. Es sind diese persönlichen Geschichten und Erzählungen, die unsere Projekte und die darin behandelten Schicksale auch für uns umso mehr greifbar und lebendig machen.

Das Projekt wurde gefördert vom Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ durch den Freistaat Sachsen.