Die Stillen Helden Werner Becker, Theodor Gunkel und Josef Gülden
Auch im Jahr 2018 startete erneut ein Projekt zu Stillen Helden. Seit Frühjahr 2018 recherchieren Schülerinnen und Schüler der Thomasschule zu Leipzig zu drei Menschen, die im Nationalsozialismus in Deutschland Engagement gezeigt, indem sie Menschen in Not uneigennützig halfen.
Werner Becker ist am 17. Mai 1904 in Mönchengladbach geboren. Nach seinem Abitur 1922 studierte er Rechtswissenschaften und Philosophie in Freiburg, Berlin und Bonn. Nach seiner Promotion begann er im Sommer 1926 mit dem Studium der katholischen Theologie. Am 12.02.1932 wurde er zum Priester geweiht und war Kaplan in Aachen sowie Seelsorger und Dozent in Marburg. Sein dortiger Lehrauftrag wurde ihm jedoch nach 4 Jahren wieder entzogen, da es ein „zu großes Risiko, was die Unverfälschtheit seiner Schützlinge anbelangt“ ist. Die war zumindest die Begründung des ersten nationalsozialistischen Rektord der Universität Marburg. Am 01. Juni 1938 ging er schließlich nach Leipzig und trat dem Oratorium in Leipzig-Lindenau bei. Er war Mitarbeiter der Studenten- und Akademikerseelsorge an der Leipziger Universität. 1943 geriet er ins Visier der Gestapo wegen angeblicher „Beihilfe zum Untertauchen“ einer jüdischen Studentin. Einer drohenden Verhaftung entging er nur, da er sich freiwillig für die Sanitätskompanie der Wehrmacht meldete. Er geriet schließlich in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1945 aus gesundheitlichen Gründen entlassen wurde. Er kehrte 1946 nach Leipzig und in das Oratorium zurück wo er schließlich auch am 01. Juni 1981 im Alter von 77 Jahren starb.
Theodor Gunkel wurde am 11. September 1898 in Berlin geboren. Nach seinem Abitur ging er freiwillig ins Militär und kämpfte als Soldat im Ersten Weltkrieg. Nach dem Ende des Krieges studierte er Volkswirtschaft in Marburg. Das Studium machte ihn jedoch nicht glücklich und so begann er 1919 mit dem Studium der katholischen Theologie in Fulda und später Innsbruck. Zum Priester wurde er schließlich am 11. April 1926 geweiht. Theodor Gunkel war einer der Mitbegründer des Leipziger Oratoriums nach dem heiligen Philipp Neri, welches am 5. Januar 1930 das an der Pfarrei Liebfrauen Leipzig-Lindenau errichtet wurde; Theo Gunkel war seit 1931 schließlich der erste oratorianische Pfarrer der Gemeinde. Am 09. November 1938, der Tag der Reichspogromnacht, wurde er mit zwei weiteren Mitbrüdern von der Gestapo verhaftet und saß bis Weihnachten gemeinsam mit einem Juden und einem Kommunisten in einer Zelle, ehe wieder entlassen wurde. Nach seiner Entlassung arbeitete er viel gemeinsam mit seinem Mitbruder Josef Gülden.
Josef Gülden wurde am 24. August 1907 in Mönchengladbach geboren. Er begann 1926 in Innsbruck sein Studium der Philosophie und Theologie. 1934 kam er schließlich nach Leipzig und trat in das Oratorium ein. Nachdem Werner Becker 1943 zur Wehrmacht ging, wurde Josef Gülden sein Nachfolger als Studentenpfarrer der Katholischen Studentengemeinde Leipzig. 1937/38 stellte er Gerda Gottschalk als seine Sekretärin an. Sie war Jüdin und wurde von Theo Gunkel taufen, um sich so vor den Nazis zu retten. Zudem war sie als Sekretärin Güldens für eine lange Zeit vom Radar der Gestapo. 1941 wurde sie jedoch dennoch mit ihrer Schwester verhaftet und sie kamen in ein Arbeitslager, später über das Ghetto Riga in die Konzentrationslager Kaiserwald, Straßdenhof und Stutthof. Nachdem die Schwestern an Gülden einen Brief schrieben, organisierten er und Theo Gunkel die Befreiung der beiden Schwestern, welche schließlich auch gelang. Auch der Jüdin Karoline Scherf, geborene Grünwald, konnten die beiden Priester gemeinsam retten, indem sie sie bei drei Schwestern in Lindenau unterbrachten. Ihr Mann, der Nicht-Jude war, saß wegen seiner „unarischen“ Ehe im KZ. Karoline Scherf überlebte so den Krieg und starb im hohen Alter im Jahre 1991.
Zudem versuchten die Priester dem Juden Paul Stern zu helfen, welcher jedoch schließlich verhaftet wurde und nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert wurde und wo er starb. Sie versuchten auch einer jüdischen Ärztin mit gefälschten Papieren das Leben zu retten, sie beging aber aus dem Leidensdruck schließlich Suizid.
Die Gedenktafel wurde am 23.01. 16:00 Uhr an der Katholischen Kirche Lindenau Liebfrauen eingeweiht. Etwa 40 Anwesende waren an der Einweihung beteiligt. Wir danken den Schülerinnen und Schülern für das Programm und allen Besucher*innen für ihr Interesse an dem Gedenken an die drei Leipziger Stillen Helden. Ein besonderer Dank geht ebenfalls an das Staatsarchiv Leipzig für die Bereitstellung von Dokumenten und der bereits langjährigen, tatkräftigen Unterstützung auch dieses Jugendprojektes. Das Projekt wurde gefördert vom Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ durch den Freistaat Sachsen.