Ein Stolperstein für Martha Lina Blazy

Ab September 2025 startet in Bad Lausick ein neues Stolperstein-Projekt zum Gedenken an Martha Lina Blazy (1902–1939). Vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Mühlenstraße 13 entsteht ein Ort der Erinnerung für eine Frau, die 1939 den nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen zum Opfer fiel.

Martha Blazy wurde am 31. Mai 1902 in Bad Lausick geboren und wuchs in einer evangelisch-lutherischen Familie auf. Ihre Eltern waren Martin Blazy, ein Tiefenbauer, und Lina Emilie, geb. Eilenberger. Sie hatte mehrere Geschwister: Martin, Milda und Olga. Martha besuchte von 1908 bis 1916 die Volksschule in Bad Lausick, schrieb Gedichte, half im Haushalt und arbeitete zeitweise in einer Butterhandlung.

Schon als Kind litt sie unter epileptischen Anfällen, die sich in den Jahren verstärkten. 1927 kam sie erstmals in die Heil- und Pflegeanstalt Hubertusburg, wurde jedoch auf Drängen ihrer Mutter wieder entlassen. Am 14. August 1934 ordnete der Stadtrat Bad Lausick ihre erneute Einweisung nach Hubertusburg an. 1936 entschied das Amtsgericht Leipzig unter Beteiligung mehrerer Ärzte und Behörden ihre Zwangssterilisierung nach dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Der Eingriff erfolgte am 12. März 1936 in der Heil- und Pflegeanstalt Zschadraß. Anschließend kehrte sie nach Hubertusburg zurück, wo sie am 1. März 1939 im Alter von 36 Jahren ermordet wurde.

Ihr Schicksal zeigt, dass Verfolgung und Ausgrenzung nicht anonym oder weit entfernt stattfanden, sondern hier in Bad Lausick – mit direkter Beteiligung der städtischen Behörden. Bürgermeister Paul Felix Nitzsche war in die Verfahren eingebunden. Nach 1945 betonte er in seinen Erinnerungen lediglich, er habe die Stadt vor Zerstörung bewahren wollen – vom Leid der Opfer fand sich darin kein Wort.

Das Stolperstein-Projekt wird in enger Zusammenarbeit von Schülerinnen und Schülern der Werner-Seelenbinder-Schule und dem Erich Zeigner Haus e. V. erarbeitet. Die Jugendlichen beschäftigen sich mit Marthas Biografie, den historischen Quellen und der Rolle der Behörden. Dabei wird deutlich, wie willkürlich Ausgrenzung und Gewalt Menschen treffen konnten – auch Mitschülerinnen und Mitschüler ihrer eigenen Schule, hätten sie damals mit Einschränkungen gelebt oder „auffälliges“ Verhalten gezeigt.

Mit dem Stolperstein vor der Mühlenstraße 13 wollen wir Martha Blazy ihren Namen zurückgeben und zugleich mahnen, dass Erinnerung und Verantwortung nicht nachlassen dürfen. Für die historische Aufarbeitung suchen wir noch Nachfahren, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Menschen, die Erinnerungen, Fotos oder Dokumente beisteuern können.

Kontakt: freiwilligendienst@erich-zeigner-haus-ev.de