Mit 10 Jahren eingewiesen: Ein Stolperstein für Ella König

Seit Herbst 2024 recherchieren Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse der Werner-Seelenbinder-Oberschule in Zusammenarbeit mit dem Erich-Zeigner-Haus e.V. das Schicksal des „Euthanasie“-Opfers Martha Ella König im Nationalsozialismus. Es ist bereits das achte Projekt, das in Zusammenarbeit mit der Werner-Seelenbinder-Oberschule durchgeführt wird.   Die Projektgruppe

(Projektgruppe in der Schule, Bildquelle: Anke Schneider)
  Ella Königs Biografie Martha Ella König wurde am 20. November 1910 in Bad Lausick als Kind einer evangelisch-lutherischen Familie geboren. Ihre später beschriebene „körperliche Zurückgebliebenheit“ wurde wahrscheinlich durch ihre Frühgeburt beeinflusst. Ella war das zweite Kind ihrer Eltern Hermann Emil und Frieda Martha König. Ihr Vater fiel als Soldat im Ersten Weltkrieg und ihre Mutter heiratete erneut. Im Alter von 9 Jahren traten bei Ella König vermehrt „Anfälle“ auf, die der zuständige Arzt vorläufig als „Epilepsie“ klassifizierte. Die „Anfälle“ kündigten sich durch plötzliches Blass-Werden an und führten zu Krämpfen am gesamten Körper. Ein Jahr später, am 7.7.1920, wurde sie aufgrund dieser in die Heil- und Pflegeanstalt Hochweitzschen eingeliefert, wo sie mit einer kurzen Unterbrechung bis 1940 blieb.
(Krankenakte von Martha Ella König, Bildquelle: Bundesarchiv)
Dort schloss sie schnell Freundschaften und freute sich, als sie wieder zur Schule gehen durfte. Ella König sei wissbegierig und ihre Schrift „bewundernswert“. Ihr gesamtes Leben lang liebte sie Perlen: Erst als Spielzeug, später fertigte sie Ketten an und trug diese stolz um ihren Hals. Die Heil- und Pflegeanstalt führte akribisch Buch – nicht nur über Ella Königs epileptische Anfälle, sondern über all ihre Handlungen. Beides wurde vom Personal durch Medikamente behandelt. Im März 1926 besuchte sie für einige Wochen ihre Familie, um an der Konfirmation ihrer Schwester teilzunehmen. Nach mehreren teils gewaltvollen Konflikten kam es zum Bruch mit ihren Eltern. Daraufhin brachte ihr 18-jähriger Bruder sie zurück in die Heilanstalt und bat im Namen des Vaters darum, Ella König „streng“ zu handhaben, weil er sie sonst in eine Erziehungsanstalt einweisen lassen würde. Auch das von ihr geliebte Schreiben von Briefen an Verwandte und Freunde solle ihr verboten werden. Ab 1933 wurde sie in den Dokumentationen immer öfter moralisch wertend als „unfolgsam“, „lästig“ und „vorlaut“ bezeichnet, ihre Verhaltensauffälligkeiten durch Betäubungsmittel unterdrückt. Auch ihr „mangelnder Arbeitswert“ rückte zunehmend in den Fokus, bis ab Mitte 1939 keinerlei Einträge mehr über sie verfasst wurden. Am 2.8.1940 wurde König in einem Sammeltransport in die Pflege- und Heilanstalt Pirna-Sonnenstein gebracht und dort ermordet. Sie wurde nur neunundzwanzig Jahre alt. Drei Viertel ihres Lebens verbrachte sie in Unfreiheit.
(Bildquelle: Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein)
(Projektgruppe in Pirna-Sonnenstein: Bildquelle: Cara Platte)
Der Flyer