Unsere Projektwoche in Geithain (27.01. – 31.01.2020) – ein Stolperstein für Wella Elfriede Müller
In der vergangenen Woche haben wir am Internationalen Gymnasium in Geithain im Rahmen einer Projektwoche ein Stolpersteinprojekt mit 24 Schüler*innen der 9., 10. und 12. Klassenstufe durchgeführt. Eingeleitet durch den Holocaust-Gedenktag haben im Laufe einer Schulwoche (27.01.-31.01.2020) mit den Jugendlichen ein Projekt begonnen, durchgeführt und abgeschlossen, für das wir normalerweise über den Zeitraum eines ganzen Schuljahres regelmäßige Projekttreffen gestalten.
Bei dem Stolperstein, auf dessen Verlegung das Projekt ausgerichtet war, handelt es sich um den insgesamt vierten Gedenkstein in Geithain, der an ein Opfer der NS-Euthanasie erinnern soll. Nach der Verlegung dreier Stolpersteine für die Euthanasie-Opfer Max Arthur Franz, Georg Förster und Walter Paul Rudolph im Mai 2019, meldete sich eine Nachfahrin eines vierten Euthanasie-Opfers aus Israel bei uns und wies uns auf das bisher nicht behandelte Schicksal ihrer Tante Wella Elfriede Müller hin. Diese hatte ebenfalls in Geithain gelebt, wurde von den Nationalsozialisten als „erbkrank“ klassifiziert und mit der Schein-Diagnose „Schizophrenie“ über den Verlauf mehrerer Jahre in verschiedene sogenannte „Heil- und Pflegeanstalten“ eingewiesen. Wella Elfriede Müller starb 1943 in der Anstalt Zschadraß an den Folgen der schlechten Behandlung und extremer Mangelernährung als Opfer der „Stillen Euthanasie“.
Im Verlauf der Projektwoche bekamen die Schülerinnen und Schüler zunächst eine grundlegende Einführung in die Thematik der NS-Euthanasie und erfuhren ergänzend zum üblichen Unterrichtsstoff mehr über die sogenannte Kindereuthanasie. Auch die lokale Dimension der NS-Euthanasie wurde im Rahmen der Projektwoche näher behandelt.
Durch eine Exkursion in das Leipziger Staatsarchiv erhielten sie zudem eine Einführung in das Archivwesen und konnten Dokumente aus dem späten Mittelalter ebenso wie originale NS-Akten über Wella E. Müller einsehen. Durch die Arbeit mit den Originaldokumenten erschlossen sich die Schüler*innen schließlich die komplette Biografie der Verfolgten und konnten darauf aufbauend eine Inschrift für den Stolperstein entwerfen. Die Idee und das Projekt der Stolpersteine wurde ihnen in diesem Zusammenhang vorgestellt und gemeinsam im Klassenraum diskutiert.
Gegen Ende der Woche plante die Projektgruppe die Verlegung des Stolpersteins, entwarf ein kulturelles Rahmenprogramm, eine Pressemitteilung und einen Redebeitrag. Währenddessen gestaltete ein zweiter Teil der Schüler*innengruppe Plakate zur vergangenen Projektwoche und den behandelten Inhalten, um diese am darauf folgenden Samstag zum „Tag der offenen Tür“ vor Lehrer*innen, Mitschüler*innen, Eltern und Besucher*innen der Schule vorstellen und einen Einblick in den Verlauf der Woche geben zu können. Die Plakate dienten darüber hinaus der Vorstellung des Projektes und der Sammlung von Spenden, um den Stolperstein für Wella Elfriede Müller letztlich auch anfertigen lassen zu können. Für die Fertigung eines Stolpersteins werden stets 120€ benötigt, die ausschließlich über Spendengelder akquiriert werden dürfen
Die Verlegung des Steines wird am 27. Februar 2020 um 14.50 Uhr in Geithain in der Dresdner Straße 16 stattfinden – dort, wie Wella Müller zuletzt freiwillig gelebt hat. Alle Interessierten sind herzlich zur Teilnahme eingeladen, an der auch die gesamte Projektgruppe und die hierfür extra aus Israel angereiste Nachfahrin, Frau B. Haim-Müller, teilnehmen wird.
Wer für das Projekt spenden und so die Fertigung des Stolpersteins unterstützen möchte, kann dies gern über folgendes Konto tun:
Empfänger: Erich-Zeigner-Haus e.V.
IBAN: DE 94 860 555 92 11 002 798 96
Verwendungszweck: Stolperstein Geithain
V.i.S.d.P. Henry Lewkowitz
Das Projekt wird gefördert von der F.C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz.