Rückblick: Stolpersteinverlegungen und Gedenktafeleinweihungen im Juni 2025
Im Juni 2025 setzten zahlreiche Schüler*innen in Sachsen ein starkes Zeichen der Erinnerung: Mit Stolpersteinverlegungen, Gedenktafeln und umfassender Archivarbeit machten sie die Schicksale von Menschen sichtbar, die im Nationalsozialismus verfolgt, entrechtet oder ermordet wurden.
Den Auftakt bildete am 11. Juni 2025 die Verlegung von vier Stolpersteinen für die jüdische Familie Lipmann in Taucha. Die Familie bestand aus Henriette, Samuel, Johanna und Jantof Lipmann. Henriette und ihre Tochter Johanna wurden 1944 von La Tronche in Frankreich nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Samuel emigrierte 1936, über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Auch Jantof floh 1937 nach Litauen, nachdem er aufgrund des Vorwurfs der „Rassenschande“ inhaftiert worden war. Acht Schüler*innen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums rekonstruierten ihre Lebenswege durch Archivarbeit.

Am selben Tag wurde in Bad Lausick ein Stolperstein für Martha Ella König verlegt. Ella König, geboren 1910, litt seit ihrer Kindheit unter epileptischen Anfällen. Sie verbrachte zwei Jahrzehnte ihres Lebens in der Heil- und Pflegeanstalt Hochweitzschen, wo sie akribisch beobachtet und zunehmend entmündigt wurde. 1940 wurde sie in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein verlegt und dort ermordet. Die Schüler*innen der Werner-Seelenbinder-Oberschule zeichneten ihr Leben bis ins Detail nach.

Am 16. Juni wurde in der Pögnerstraße 6 in Leipzig-Schönefeld eine Gedenktafel für die Stillen Held*innen Alfred und Helene Starke eingeweiht. Die beiden versteckten 1943 den Juden Abo Spur in einem Gartenhaus bei Machern, versorgten ihn mit Lebensmitteln und widersetzten sich der NS-Ideologie. Abo Spur wurde kurze Zeit später nach Theresienstadt deportiert und später in Auschwitz ermordet. Die Schüler*innen der Neuen Nikolaischule Leipzig würdigten den Mut der Starkes, die ihre Menschlichkeit über die Angst stellten.

Am 17. Juni wurde am Floßplatz in Leipzig ein Stolperstein für den Komponisten Erich Liebermann-Roßwiese verlegt. Der evangelisch getaufte Musiker verlor 1933 seine Arbeit bei der MIRAG und wurde 1942 nach Riga deportiert. Seine Spur verliert sich noch im selben Jahr. Schüler*innen der Thomasschule Leipzig werteten unter anderem Familienbriefe aus dem Stadtarchiv aus und organisierten ein Konzert mit seiner Musik.

Ebenfalls am 17. Juni folgten zwei weitere Verlegungen. In Leipzig-Lindenthal wurde ein Stolperstein für Ella Liane Krieg verlegt, die an den Spätfolgen einer Masernenzephalitis litt. Nach mehreren Anstaltseinweisungen wurde sie 1940 über Hubertusburg nach Arnsdorf verlegt und schließlich in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet. Die Projektgruppe der Lessing-Oberschule Schkeuditz zeichnete ihre Biografie nach. An der Verlegung nahmen unter anderem auch die Familienangehörigen von Liane Krieg teil.

Am 19. Juni wurde ein Stolperstein für Erich Vogel verlegt, einen politisch verfolgten Lehrer und überzeugten Antifaschisten, der mehrfach inhaftiert war und 1943 an den Folgen seiner Haft verstarb. Schüler*innen des Thomas-Mann-Gymnasiums Oschatz würdigten sein pädagogisches und politisches Wirken.

Anschließend fand am Nachmittag des 19. Juni in Wermsdorf die feierliche Einweihung einer Gedenktafel sowie einer überarbeiteten Stolperschwelle zur Erinnerung an die NS-„Euthanasie“-Verbrechen in der Hubertusburg statt. Die Anstalt diente als Zwischenstation für Krankenmorde, auch Hans Gustav Rühle und Ella Krieg waren hier untergebracht, bevor sie weiter nach Pirna-Sonnenstein gebracht wurden. Die Projektgruppe des Thomas-Mann-Gymnasiums hatte akribisch zur Geschichte der Anstalt geforscht und damit ein bisher nicht beleuchtetes Kapitel der Hubertusburg sichtbar gemacht.


Ebenfalls am 19. Juni wurde am späten Nachmittag in Oschatz-Zschöllau ein Stolperstein für Hans Gustav Rühle verlegt. Rühle wurde 1919 geboren und litt an epileptischen Anfällen. Als „erbkrank“ eingestuft, wurde er zwangssterilisiert und durchlief mehrere Anstalten. 1940 wurde er in die Hubertusburg verlegt, danach nach Waldheim und schließlich in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein, wo er ermordet wurde – nur drei Tage nach seinem 21. Geburtstag. Die Jugendgruppe des E-Werks Oschatz rekonstruierte sein Schicksal eindrucksvoll. An der Verlegung nahmen auch die Angehörigen von Hans Gustav Rühle, die Familie Hammer, teil.

Den Abschluss bildete am 24. Juni 2025 die Verlegung des ersten Stolpersteins in der Stadt Brandis – für Ilse Gutowski, ein junges Mädchen mit geistiger und körperlicher Behinderung. 1944 wurde sie nach Großschweidnitz eingewiesen, wo sie im Zuge medizinischer Vernachlässigung oder Fehlbehandlung starb. Die Schüler*innen der Oberschule Brandis forschten im Staatsarchiv und besuchten die Gedenkstätte Großschweidnitz.
