EINWEIHUNG DER GEORG-ELSER-BRÜCKE ZUM WELTFRIEDENSTAG

Am gestrigen Weltfriedenstag, dem 01.09.2020, durften wir in Leipzig-Lindenau die ehemalige Gasthofbrücke gegenüber der Musikalischen Komödie offiziell in „Georg-Elser-Brücke“ umbenennen. Die feierliche Enthüllung der Namenstafeln begann um 18.30 Uhr, wurde von zahlreichen Besucher:innen und durch mehrere Redebeiträge unterstützt und war ein voller Erfolg – nicht zuletzt deshalb, da mit der Enthüllung der Tafeln ein Projekt zum Ende kommen durfte, welches zuvor viele Jahren in der Planung gewesen war. Wir freuen uns sehr, dass wir die Initiatoren des Projektes unterstützen und zu seiner Umsetzung beitragen konnten.

Mit der „Georg-Elser-Brücke“ haben wir nun den ersten öffentlichen Gedenkort für den Antifaschisten Georg Elser in Mitteldeutschland eingeweiht.

Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung, den Initiator:innen  des Projektes sowie allen Spenderinnen und Spendern, unter anderem von der Stadtratsfraktion DIE LINKE und der Stadtratsfraktion der SPD. Die Bedeutung auch der finanziellen Unterstützung solcher Projekte darf nicht unterschätzt werden.

Besonderer Dank gilt auch dem anhaltenden Einsatz des Projekt-Mitinitiators Dr. Hans-Joachim Wienhold, der auch nach mehrmaliger Ablehnung des Vorhabens durch die Stadt nicht nachlässig wurde und sich für die Umbenennung der Brücke eingesetzt hat. Des Weiteren ist Herrn Marco Götze zu danken, der sich als Mitglied der Stadtratsfraktion DIE LINKE bei der entscheidenden Stadtratssitzung ebenfalls für die Bewilligung der Brückenumbenennung stark gemacht hat. Danke an Herrn Dr. Nils Franke, der die Veranstaltung eröffnete, und an alle Unterstützer:innen, die sie sich für das Wachhalten der Erinnerung an Georg Elser einsetzen.

 Dr. Nils Franke, Marco Götze (DIE LINKE), Thekla Funke, Projekt-Mitinitiator Dr. Hans-Joachim Wienhold, Carolin Jürgens und Paula Güth (von links nach rechts)          

Der Erich-Zeigner-Haus e.V. ist ein Verein, der sich in seiner Arbeit nach dem Vorbild seines Namensgebers – Erich Zeigner – ausrichtet. Erich Zeigner, 1923 sächsischer Ministerpräsident und nach der Befreiung 1945 erster Oberbürgermeister von Leipzig, hat in der Zeit der NS-Diktatur Zivilcourage gezeigt, indem er unter anderem am Leipziger Rettungswiderstand beteiligt war und diesen mitorganisierte. Dieses selbstlose Engagement, welches uns allen die Werte der Weltoffenheit und Toleranz vermittelt, bildet die geistige Folie unserer Arbeit, die zu großen Teilen aus der historisch-politischen Bildungsarbeit mit Jugendlichen sowie zahlreichen erinnerungskulturellen Projekten besteht. Das Erinnern an diejenigen, die in der NS-Zeit verfolgt wurden, empfinden wir nicht nur als wichtig im Sinne des Gedenkens, sondern auch im Sinne des Mahnens. Wir wollen mahnen, dass sich die schrecklichen Verbrechen der NS-Zeit nicht wiederholen dürfen. Aber wir wollen auch daran erinnern, dass es selbst in dieser Zeit Menschen gab, die sich gegen das Regime aufgelehnt, Widerstand geleistet und Verfolgte unterstützt haben – und auch aus diesen Geschichten können wir vieles mitnehmen, dieses Engagement können wir uns zum Vorbild nehmen, wenn wir daran zurückdenken. So soll uns auch die Georg-Elser-Brücke an einen Menschen erinnern, der sich selbstlos gezeigt und gegen den Faschismus eingesetzt hat.  

Georg Elser verübte am 08. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Attentat auf Adolf Hitler und weitere führende Nationalsozialisten, welches jedoch durch eine unerwartete, frühzeitige Abreise derer, die durch die Detonation des zeitgesteuerten Sprengkörpers zu Tode kommen sollten, missglückte. Elser selbst wurde auf seiner Flucht von der Gestapo gefangen genommen und nach vielen Jahren der Gefangenschaft in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau am 09. April 1945 auf Befehl Hitlers erschossen.

Wir als Verein, der insbesondere im Bereich der historisch-politischen Bildungsarbeit tätig ist, setzen uns für Orte der öffentlichen Erinnerung ein. Wir sind der Meinung, dass es wichtig ist, über das individuelle Erinnern hinaus, Menschen wie Georg Elser zu gedenken. Sein uneigennütziges Vorhaben zum Wohl der Gesellschaft, sein aktiver Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime zeichnet ihn als einen herausragenden Widerstandskämpfer aus.

Durch ein öffentliches Gedenken, wie es gestern durch die Anbringung der Namenstafeln begründet werden konnte, ehren wir einerseits mit einem Blick in die Vergangenheit den Widerstand und die Zivilcourage Elsers, andererseits setzen wir zeitgleich ein Zeichen für die Zukunft und vermitteln nach außen, welches Wertesystem wir in unserer gegenwärtigen Gesellschaft verankern wollen.

Gerade heute, in einer Zeit, in der struktureller und öffentlich ausgeübter Rassismus und Antisemitismus immer wieder unser Alltagsbild prägen, ist es umso wichtiger eine aktive Erinnerungskultur zu unterstützen und selbst aktiv zu werden, Stellung zu beziehen und Einsatz gegen diese Tendenzen und Strukturen zu zeigen.  Eine offene demokratische Gesellschaft braucht eine umfangreiche Aufarbeitung ihrer Geschichte und eine lebendige Erinnerungskultur, um innerhalb des kulturellen Kollektivs ein gemeinsames Regel- und Wertesystem zu schaffen und aufrecht zu erhalten.

Durch historisch-politische Bildungsarbeit sowie durch erinnerungskulturelle Projekte wie dieses, können wir neue Zugänge zur Vergangenheit bereitstellen so auch dazu beitragen, dass die wichtigen Werte unserer demokratischen Gesellschaft für und durch alle nachfolgenden Generationen weitergetragen werden. Erinnern ist ein politischer Akt. Durch das Gedenken an Elsers Zivilcourage und Mut, seinen Widerstand zum Schutz der Demokratie, heben wir die Bedeutung jenen Engagements in unsere Gegenwart und Zukunft und setzen öffentlich ein Zeichen für ein weltoffenes, demokratisches Miteinander, das sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz in unserer heutigen Gesellschaft ausspricht.

Wir hoffen daher, dass uns diese Brücke zukünftig nicht nur an Georg Elser erinnert, sondern uns alle gleichermaßen zum zivilcouragierten, offenen und demokratischen Handeln anhält.

 

Das Team vom Erich-Zeigner-Haus e.V.