Stellungnahme zu den aktuellen antisemitischen Ereignissen in Deutschland

Nicht nur im Zusammenhang mit der erneuten Eskalation des Jahrzehnte währenden Konflikts zwischen Israel und den Palästinenser*innen ist in Deutschland ein erhöhtes Aufkommen antisemitischer Vorfälle zu verzeichnen. Laut dem Bericht zur Politisch motivierten Kriminalität 2020 (PMK 2020) des BMI ist die Anzahl antisemitisch motivierter Straftaten um 15,7% zum Vorjahr gestiegen. Deutlich wird diese Entwicklung auch anhand zahlreicher Geschehnisse der vergangenen Wochen: So setzte eine Personengruppe in Münster vor der örtlichen Synagoge eine Israel-Flagge in Brand. Zusätzlich wurden Beschädigungen von Denkmälern und jüdischen Einrichtungen gemeldet. Auch in Leipzig häufen sich die Meldungen antisemitischer Ereignisse:

Am 08. Mai wird eine junge israelische Studentin in Leipzig-Gohlis von einer Anwohnerin antisemitisch bedroht und angegriffen. Nur zwei Tage später wird das Schaufenster eines Ladenbesitzers auf der Eisenbahnstraße mit einem Davidstern und einem ‚Q‘ beschmiert. Letzteres nimmt Bezug auf die antisemitische Verschwörungsideologie QAnon. Auf einer Demo, die am 15. Mai unter dem Motto „Freiheit für Palästina“ in Leipzig abgehalten wird, werden antisemitische Parolen skandiert. Im Vor- und Nachgang der Demo kam es außerdem zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gegenüber Teilnehmenden der Israel-solidarischen Gegenkundgebung. Ebenso wurde am 16. Mai ein Denkmal in der Gottschedstraße, das an die im Nationalsozialismus zerstörte Synagoge erinnert, mit Farbe beschmiert. Ob es sich hierbei um ein politisches Motiv handelt, wird aktuell polizeilich geprüft.

Der Erich-Zeigner-Haus e.V. verurteilt entschieden jegliche Form von Antisemitismus! Mit unserer historisch-politischen Bildungsarbeit im Allgemeinen sowie den Stolperstein-Projekten im Besonderen ist es uns ein dringendes Anliegen, über die Vergangenheit und Gegenwart des Phänomens zu informieren. Nicht zuletzt ist die Aufklärung über dessen Erscheinungsformen, insbesondere gegenwärtiger Formen wie dem israelbezogenen und sekundären-schuldabwehrenden Antisemitismus, von besonderer Relevanz, um ihr (Fort-)Wirken in der Gegenwart aufzuzeigen und ihnen entgegenzutreten. Die aktuelle Situation kann und darf nicht Anlass dazu geben, Jüdinnen und Juden in Deutschland für die Geschehnisse in Verantwortung zu ziehen. Bei den genannten Vorfällen handelt es sich mitnichten um eine bloße Kritik an der aktuellen Politik der israelischen Regierung, sondern klar um Antisemitismus und einen Angriff auf das jüdische Leben in Deutschland.

Unser aller Aufgabe ist es, sich entschieden gegen jede Form von Judenfeindlichkeit zu positionieren und uns solidarisch mit den hiervon betroffenen Jüdinnen und Juden zu zeigen.